Dienstag, 11. Januar 2022

Wie ich einmal einen Komoot (auf Openstreetmap basierende GPS-App) Gänger aus einer misslichen Situation führte.

Ende September ist Oktoberfestzeit in München. Zumindest bis vor Corona-Zeiten. Die Begebenheit ereignete sich dann auch vor zwei oder drei Jahren, ich glaub Herbst '18 war's. Und im Mittelpunkt stand tatsächlich ein Oktoberfestbesucher. Für mich war diese Geschichte eine Art "Augenöffner", denn zuvor hatte ich mich nicht groß mit Routing Apps beschäftigt, wusste zwar dass es sowas gibt, aber das war's dann auch. "Bra'ch i ned, wui i ned, interessiert mi ned", das war so mein Stand der Dinge.

Jetzt zur Begebenheit: Ich fuhr mit dem Zug ins Leitzachtal und wollte schaun, wie es um eine Route aus dem zweiten Buch von mir steht, was sich dort verändert hat. Denn, ich wusste dass im unteren Bereich  vor nicht langer Zeit ein Holzeinschlag stattgefunden hatte.  Ich musste dann auch gleich feststellen,  dass dadurch im unteren Teil ein abkürzender Pfad quasi verschwunden oder begraben  ist und ging dann die bekannte Forststraße weiter hinauf. Am Forststraßenende kam überraschend ein Mann auf mich zu und sprach mich an:

"Kannst du mir helfen, ich komm' nicht mehr weiter, ich find' den Weg nicht". Ich: "Wo magst denn hin?" Er: "Zum Rotwandhaus" Ich: "Zum Rotwandhaus ??? Da musst noch über mindestens vier Gipfel drüber und es is' a ganz sche langer Weg" Er: "Meine App zeigt mir an drei Stunden vom Bahnhof Fischbachau, jetzt geht da kein Weg weiter...." Ich: "Vergiss deine App..."

Wie die App auf die drei Stunden kam, kann ich mir bis heut nicht erklären, vllt. war irgendein Laufmodus eingestellt (?) Die Wegführung ist mir auch ein bisserl ein Rätsel, luftlinientechnisch gar nicht so abwegig, aber auch da wäre das Aurachtal am Anfang wohl kürzer. Natürlich wäre man auch viel schneller, wenn man am Anfang den breiten Weg durchs Tal  gehen würde, anstatt über einen Extragipfel mittels mal mehr, mal weniger erkennbaren Jagdsteigen inkl. weglosen Zwischenpassagen gelotst zu werden (insgesamt ca. 1500 Höhenmeter) . 

Der Grund, warum er nicht weiterkam, bzw. warum er dort keinen Weg sah, ist dagegen einfach erklärt: Die weiterführenden Steige bildet sich erst 30 - 50 Meter nach Forststraßenende  richtig heraus, so wie oft der Fall, und der norddeutsche Ausflügler hatte sich klar erkennbare Wege erwartet. Ich machte ihm dann einen Vorschlag, weil der Unmensch bin ich jetzt nicht, auch wenn ich dann und wann über "Preissn" und "Isarpreissn" am Berg lästere.

"Pass auf, ich nehm dich jetzt wennst magst mit auf den nächsten Gipfel, is auch schön dort, zum Rotwandhaus, des schaffst heut sowieso nimma, wie schaut's denn aus, bist einigermaßen trittsicher, etwas schwindelfrei?"

Die letzten beiden Sachen bejahte er, also konnte es losgehen. 

"Danke, wenn du jetzt nicht gekommen wärst, wär ich wieder abgestiegen."

Das wäre auch das einzig Richtige in seiner Situation gewesen, er vertraute nicht blind seinem Navi, und wäre wohl auch kein Fall für die Bergwacht (Blockierung/ Nicht weiter kommen) geworden. 

Während des Aufstiegs erfuhr ich mehr über die Motivation des Touristen:

 "Ja ich war gestern am Oktoberfest, und dann wollte ich auch mal in die Berge"

"Hast wahrscheinlich nicht z'vui 'trunken, sonst war'st ned da"

 "Nein, nur zwei (...)"

Sein Ziel war also nicht einen möglichst abseitigen Jägerpfad zu gehen, sondern schnell und auf normalen, sichtbaren Wanderwegen bequem zum Rotwandhaus zu gelangen und dort etwas zu essen/ zu trinken. Seine Apps spuckten ihm eben diese Verbindung aus.  Und bis zum Forststraßenende ist ja alles auch ganz einfach. Er hatte übrigens zwei Wanderapps auf seinem Smartphone, nicht nur Komoot, der andere Name fällt mir aber nicht mehr ein. 

Nach der Gipfelrast schickte ich ihm auf einem markierten Weg zurück, während ich einen alternativen Abstieg wählte.