Allgemein: Es kommt wohl ein neues deutschland-weites Waldgesetz, wobei, das heisst nicht, dass es zukünftig nicht auch die einzelnen Waldgesetze der Bundesländer geben wird. Es wird weiterhin auch Unterschiede zwischen den Bundesländern geben, was ja m.M.n. auch legitim ist, denn ein Wald auf Sandboden in bspw. Brandenburg ist denk ich mal dann schon was Anderes als bspw. ein Wald in den Alpen. Ein Beispiel wo dies deutlich wird ist §27:
§ 27
Erholungswald
(27.1)Wald kann zu Erholungswald erklärt werden, wenn es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Waldflächen für Zwecke der Erholung zu schützen, zu pflegen oder zu gestalten. Bei der Gestaltung des Wegenetzes im Erholungswald sind die Anliegen der Natur- und Landschaftspflege angemessen zu berücksichtigen.
(27.2)Das Nähere regeln die Länder. Sie können insbesondere Vorschriften erlassen über
27.2.1.die Bewirtschaftung des Erholungswaldes nach Art und Umfang,
27.2.2.die Beschränkung der Jagdausübung zum Schutz der Waldbesuchenden,
27.2.3.die Verpflichtung der Waldbesitzenden, den Bau, die Errichtung und die Unterhaltung von Wegen, Bänken, Schutzhütten und ähnlichen Anlagen oder Einrichtungen und die Beseitigung von störenden Anlagen oder Einrichtungen zu dulden,
27.2.4.das Verhalten der Waldbesuchenden.
Das was vorliegt ist bis jetzt auch nur ein Referenten-Entwurf, d.h. es wird sich noch was ändern, wieviel weiss ich allerdings nicht. Die verschiedenen Lobbygruppen, heisst also Waldbesitzer, Jagdverbände , Naviunternehmen (OSM, Outdooractive etc.) Naturschützer (BUND, Greenpeace etc.) , Sportverbände (MTB, DAV usw.) werden da wohl noch versuchen ihren Einfluss geltend zu machen.
Das Gesetz kommt vom Landwirtschaftsministerium, also momentan Chef Cem Özdemir. Ich glaub es ist ein offenes Geheimnis, das der Özdemir eigentlich schon einen anderen, (mächtigeren) Posten im Kabinett haben wollte, und sich dann halt mit diesem Ministerium zufrieden geben musste. Mir zumindest ist er in der Vergangenheit nicht damit aufgefallen, dass jetzt der Wald sein großes Thema gewesen wäre, im Gegenteil. Ich glaub' auch nicht, dass er da jetzt groß an den Details beteiligt war. Ich hab über den Entwurf bis auf Abschnitt 4 "Verhalten im Wald" nur gaaanz oberflächlich drübergeschaut und auf mich macht's den Eindruck, dass man die verschiedenen, teils gegeneinander stehenden Interessengruppen folgendermaßen abfrühstücken wollte: "Schaut's her, da gibt's a Zuckerl für eich', dafür schluckt's dann aber auch die und die Kröte" Ja, und wenn ich mir jetzt so die Reaktionen anschau, jeder is am Meckern.... Bund Naturschutz geht's zwecks Waldumbau zu wenig weit, Waldbesitzer meckern wegen Kahlschlagverbot , Alpenverein sorgt sich um seine Mountainbike Trail Spezialisten usw. Die Taktik des Ministeriums scheint erst einmal nicht so aufgegangen zu sein, aber vielleicht ist's auch nur das übliche Getöse der Interessensgruppen um noch was für die jeweilige Klientel rauszuholen bzw. zu retten....
Zu den allgemeinen Waldsachen, die vor allem Waldbesitzer, Förster etc. betreffen, gibt's von mir nichts, das werden andere Personen bzw. Medien sicher fundierter abhandeln können. Ich bin weder Klima- noch Waldexperte. Ich hab mir daher nur die Paragraphen im Abschnitt 4 "Verhalten im Wald" (und auch da nur die für mich relevanten Auszüge) rausgesucht, die halt so für diesen Blog relevant sind. Ich hoffe ich kann was nützliches dazu beitragen.
Gesetzestext in kursiver Schrift, Anmerkungen von mir in dunkelrot.
§ 30
(30.1)Das
Betreten des Waldes auf natur- und gemeinverträgliche Weise zum
Zwecke der Erholung ist gestattet. § 32 bleibt unberührt.
Durch die Gestattung der Betretung werden keine zusätzlichen
Sorgfalts- oder Verkehrssicherungspflichten begründet. Die Benutzung
geschieht auf eigene Gefahr. Dies gilt insbesondere für waldtypische
Gefahren (allgemeiner Grundsatz).
Das ist schon mal gut so, grundsätzlich bleibt das Betretungsrecht also erhalten, wenn auch auf "natur- und gemeinverträgliche Weise", mal schaun was da noch kommt.
(30.2)Das
Betreten im Sinne dieses Gesetzes umfasst das fußläufige Begehen,
das Fahren mit Krankenfahrstühlen mit und ohne Antrieb sowie alle
weiteren Bewegungsformen am Boden ohne Motorantrieb.
Zählen die populären E-Motorradl egtl. unter "Motorantrieb"? Eigentlich ja schon, lt. Gesetz aber offensichtlich nicht, denn der nächste Absatz gilt für alle Fahrräder.
(30.3)Das
Reiten, das Fahren mit Kutschen und Gespannen sowie das Fahren mit
betriebserlaubnisfreien Fahrrädern und sonstigen
betriebserlaubnisfreien Fahrzeugen im Wald ist nur auf Straßen und
dafür geeigneten Wegen zulässig. Keine geeigneten Wege sind
Feinerschließungslinien, wie Rückegassen, Zugänge zu forstlichen
und jagdlichen Infrastrukturen, Wildwechsel und Pirschpfade. Die
Reit- und Fahrweise und die Geschwindigkeit müssen den örtlichen
Wege-, Sicht- und Nutzungsverhältnissen angepasst sein, sodass
niemand beeinträchtigt oder gefährdet wird und keine Schäden
insbesondere an Wegen und angrenzenden Bäumen entstehen. Fußgänger
und Menschen im Rollstuhl oder Krankenfahrstuhl haben Vorrang.
Also: Fussgänger vor Fahrradfahrer ist das "neue" Rechts vor Links im Wald. Die Formulierung "auf geeigneten Wegen" befindet sich bereits im bayr.
Waldgesetz (FW/CSU) und wurde wohl (meine Vermutung) von dort abgeschaut . Es werden ein paar Beispiele aufgeführt, die manchen Mtb-Trailspezialisten sicher sauer aufstossen werden (z.B. Pirschpfade, die in Open Street Map eingetragen wurden (und damit bei Komoot/ AV-Aktiv drin sind und dort als MTB tauglich erscheinen) . Trotzdem bleibt es eine
schwammige Formulierung, ein "Gummiparagraph" . Was ist grundsätzlich ein
geeigneter Weg für Radfahrer? Für Mountainbiker? Bleibt unbekannt, bzw. ist das dann halt "Ländersache" ? Für einen Mtb Verband ist überall wo man fahren kann ein geeigneter Weg. Naa-ja, ich denke, da hat jeder so seine
Vorstellungen und so lange das nicht näher beschrieben wird bleibt's eben diffus.
(30.4)Die Länder können das Reiten, das Fahren mit Kutschen und Gespannen, das Fahren mit betriebserlaubnisfreien Fahrrädern oder sonstigen betriebserlaubnisfreien Fahrzeugen im Wald beschränken auf dafür ausgewiesene Straßen und Wege. Die Länder können ferner das Betreten des Waldes aus wichtigem Grund einschränken. Sie können dabei insbesondere vorsehen,
30.4.1.unter welchen Voraussetzungen die zuständige Behörde sowie der Waldbesitzende den Wald sperren darf und wann eine Sperrung wieder aufzuheben ist,
30.4.2.dass die Sperrung von Wald einer Genehmigung bedarf, insbesondere bei großflächigen oder länger andauernden Sperrungen,
30.4.3.wie eine Sperrung zu kennzeichnen ist,
30.4.4.dass das Betreten in der Zeit von einer Stunde nach Sonnenuntergang bis eine Stunde vor Sonnenaufgang (Nachtzeit) auf Waldwege beschränkt ist sowie
30.4.5.dass Waldgebiete aus den Gründen des Absatzes 2 durch Rechtsverordnung gesperrt werden können.
Ein wichtiger Grund nach Satz 2 liegt insbesondere vor, soweit die Einschränkung des Betretens zum Zweck
30.4.7.des Schutzes der Schutzgüter oder Ökosystemleistungen des Waldes,
30.4.8.der Wald- oder Wildbewirtschaftung,
30.4.9.des Schutzes der Waldbesuchenden,
30.4.10.der Wahrung anderer schutzwürdiger Interessen des Waldbesitzenden oder
30.4.11.des Schutzes von Patienten bei der Waldtherapie im Kur- oder Heilwald
erforderlich ist.
Ja, da ist sie die Ländersache - wie vermutet ! D.h. konkrete Sperrungen (z.B. in den Nachtstunden oder für Mtb's) werden an die Länder weiter- bzw. abgegeben, in Bayern wäre das zur Zeit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW), der auch Privatwaldbesitzer und Freizeitjäger ist - aktuell aber nicht für die Privatwälder im Freistaat, sondern nur für den Staatswald (bayr. Staatsforste) zuständig ist wenn ich das Kompetenzwirrwarr richtig verstanden hab'. Für den Privatwald wär's dann das Landwirtschaftsministerium (Michaela Kaniber, CSU)
§ 31
(31.1)Das Fahren mit sowie das Abstellen von Kraftfahrzeugen im Wald ist nur zulässig (...)
Andere Benutzungen des Waldes wie insbesondere das Zelten, das Abstellen von Wohnwagen und anderen Anhängern sowie das Aufstellen von Bienenstöcken oder Verkaufsständen im Wald sind nur zulässig, wenn der Waldbesitzende zustimmt und, soweit eine Genehmigung nach anderen Rechtsvorschriften erforderlich ist, diese erteilt worden ist.(...)
Da hat sich nichts geändert - Zelten bleibt verboten. Ja gut, kann man irgendwo verstehen, es wird halt oftmals ein Saustall hinterlassen, als Alternative ein paar mehr Trekkingplätze ausweisen, wär schon lässig, wobei, da wäre wieder die Saustallmentalität... und mit den E-Radeln kommt halt auch jeder (der einkommensstarken Schichten) überall leicht hin, heisst das werden dann nicht nur die Wanderer nutzen. Trotzdem, draußen in der Natur übernachten ist eine Erfahrung, die wirklich eindrucksvoll sein kann.
§ 32
Wer sich im Wald aufhält, hat sich so zu verhalten, dass der Wald und seine Schutzgüter und Ökosystemleistungen nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar beeinträchtigt werden. Es ist verboten, im Wald eine Gefahr
32.1.1.für die Gesundheit anderer,
32.1.2.den Wald,
32.1.3.für seine Schutzgüter und Ökosystemleistungen oder
insbesondere durch das unbefugte Errichten von Anlagen oder das Verändern von forstlichen Einrichtungen oder Geräten, Waldgehölzen oder des Waldbodens zu schaffen.
Ziemlich viel Blablabla in diesem Abschnitt. Aber ja, liebe Trendy-Youtube-Survival-Bushcraft-Prepper-Influencer: Auch wenn ihr's nicht verstehen werdet und obwohl unlängst "Panzer-Toni " von den Grünen gemeinsam mit Bushcraft/Survival Influencer "Otto Kugelsicher" in einer ÖRR Talkshow hockte und sie zusammen für mehr Geld für Waffen warben: Euer Klicks generierender Social Media Prepperbunker, eure Survivalwaldhöhle etc. bleibt leider verboten. Sollte auch logisch sein, könnte ja jeder daherkommen und sich seine Grube oder sonstwas schaufeln. Inwieweit kleine Wegeneuanlagen (z.B. Maiwand) , die ja eine Veränderung des Waldbodens mit sich führen, unter diesen Paragraphen fallen, keine Ahnung.
Es ist verboten, ohne Befugnis
33.1.1.gesperrte Waldflächen oder Waldwege zu betreten,
33.1.2.Waldflächen oder Waldwege zu betreten, auf denen oder angrenzend an diese Holz gefällt, aufgearbeitet oder gerückt wird, oder auf denen sonstige Waldarbeiten durchgeführt werden,
33.1.3.Holzpolter, Waldbaumschulen oder andere forstbetriebliche, jagd- oder teichbetriebliche Einrichtungen oder Anlagen zu betreten,
33.1.4.umzäunte Flächen im Wald zu betreten oder
33.1.5.im Wald ein Kraftfahrzeug zu führen, zu zelten, einen Wohnwagen oder einen anderen Anhänger abzustellen oder einen Bienenstock oder einen Verkaufsstand aufzustellen.
Das war jetzt eigentlich vorher schonmal in den Paragraphen drin und da hat sich glaub' ich nichts verändert.
§ 34
Anlage und Markierung von Wegen und Routen im Wald
(34.1)Das Anlegen oder Eröffnen von neuen Wegen, Fußpfaden, Trails oder Fahrspuren im Wald durch Dritte ist nur mit Zustimmung des Waldbesitzenden zulässig.
Das ist neu ! Find ich tatsächlich verständlich. Die meisten Online-Erschliesser wohl weniger (Hasskommentare bitte an meine Emailadresse) Im Ernst: Es hat überhand genommen, inflationäre Neu-Markierungen, Steiganlagen, Austrampelungen von Pfaden durch Online Erschließung (Open Street Map, Tourenberichte, Influencervideos...) Von daher war's logisch das sowas in der Art kommt.
(34.2)Die
erstmalige Ausweisung und Markierung von Wander-, Reit- oder
Radwegen, von Sport- und Lehrpfaden auf bestehenden Wegen außerhalb
bereits ausgewiesener Wanderwege bedarf der Genehmigung der
zuständigen Behörde.
Da ist glaub ich auch neu... wobei ich da nicht sicher bin... die zustimmende Behörde wäre das Landratsamt ? Hmmm... Bei sowas sind wohl eher Gemeinden, Fremdenverkehrsverbände etc. betroffen, wenn die einen neuen "Themenweg" usw. installieren, müssen sie wohl eine Vorabgenehmigung einholen, keine Ahnung ob das früher auch schon so war....
(34.3)Das
erstmalige digitale Anzeigen oder digitale Ausweisen von noch nicht
vorhandenen Pfaden sowie von Wildwechseln, Fußpfaden, Rückegassen
oder Fahrspuren als virtuelle Routen oder Trails durch bislang
weglose Flächen im Wald bedarf der Zustimmung des Waldbesitzenden
und der Genehmigung der zuständigen Behörde.
Die Sache mit dem Verbot von Neueintragungen von Wegen fände ich
tatsächlich gut. So mancher ruhige Einheimischenpfad oder auch Jäger-Pirschpfad mutierte in meiner
Gegend durch Eintragungen in Open Street Map (kurz OSM/ heisst: Komoot, Outdooractive, AV-Aktiv) und
Tourenberichte (z.B. Hikr, youtube, Outdooractive. private Homepages etc., meist mit GPS Track) schnell zur "Via Monaco" und schliesslich zum
"Global Trail". Und spätestens dann reagieren Wald- oder Almbesitzer, Naturschützer etc. mit
Sanktionen, da wird dann ein riesiger Holzhaufen am Wegbeginn errichtet
(harmlos) oder mittels "Naturschutz" oder anderen herbeigezogenen
Argumenten ein Pfad tw. oder ganz zu sperren versucht (nicht
harmlos). Ehemals weglose Zustiege wurden durch OSM Eintragungen
ausgetrampelt etc. Wäre gut wenn da ein Riegel vorgeschoben würde. Das würde die Situation vllt. bissl entspannen. Ich
denke aber die Lobbygruppen werden gerade diesen Paragraphen versuchen zu verhindern,
schade. Die OSM Lobbyisten sind sehr gut darin, sich selbst als Unschuldslamm ("Wir machen ja keine Apps selber, liefern nur die Informationen blablabla" ) zu präsentieren und den Appbetreibern den Schwarzen Peter zuzuschieben. Die Medien machen mit, ich les' schon von "Komoot Paragraph", obwohl Open Street Map die Grundlagen, nicht nur für Komoot sondern auch für andere Naviapps, liefert.
(34.4)Die Länder können weitere Vorschriften für die Ausweisung und Markierung der in den Absätzen 2 und 3 genannten Wege und Routen erlassen. Sie können insbesondere regeln, unter welchen Voraussetzungen die Ausweisung und Markierung der Wege zu genehmigen, abzulehnen oder mit Auflagen zu versehen ist.
Heisst also, der Herr Aiwanger bzw. Frau Kaniber haben doch das letzte Wort ? Liest sich erst einmal so, wobei: Bundesrecht bricht Landesrecht, d.h. sie könnten es wohl konkretisieren, den Ablauf festlegen usw. Bin kein Jurist, also weiss ich jetzt nicht wie weit der Spielraum geht... mal schaun...
Schlussbemerkung: Obwohl ich manche Sachen unterstütze, gilt bei solchen Gesetzen trotzdem immer "Holzauge sei' wachsam". In der Politik wird bei Freiheitseinschränkungen oftmals mittels "Salamitaktik" verfahren. Man schaut wie von der Gesellschaft die eine Salamischeibe akzeptiert wird, dann schneidet man die nächste Scheibe ab usw. Mal schaun was im nächsten Entwurf steht....
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